Warum Resilienz eine menschliche Kernkompetenz ist

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Anke Lambrecht ist ein geborenes Ostseekind, liebt Sport und gutes Essen. Es faszinierte sie schon früh, was Menschen antreibt, wie sie miteinander agieren und wie sie mit Herausforderungen umgehen. Mit einem Pädagogikstudium und diversen Coachingsausbildungen hat sie diese Leidenschaft zum Beruf gemacht und ist damit seit 10 Jahren selbstständig.

Frage: Sie sagen: Nach dem Resilienztraining ist man nicht resilient. Warum sollte ich dann Ihr Training besuchen, wenn das offenbar nicht erreicht wird?

Anke Lambrecht: Ich vergleiche das mal mit einem Marathontraining. Wenn Sie noch nie Marathon gelaufen sind und fünf Tage intensives Training erhalten haben, werden Sie danach noch keine 42 und auch keine 21 Kilometer laufen können. Sie haben aber das Rüstzeug: Sie haben einen Trainingsplan mit dem Sie wissen, wie, was, wann und wie oft Sie trainieren müssen. Außerdem lernen Sie, welche Ernährung für Sie gut ist. Genauso ist es mit dem Resilienztraining. Da geht es darum, bestimmte Kernkompetenzen zu entwickeln, aber auch die Rahmenbedingungen mitzugestalten.

Frage: Das Resilienztraining macht mich doch schon fit …

Anke Lambrecht: Wir müssen hier vorsichtig sein mit weiteren Analogien. Resilienztraining ist kein Leistungstraining im Sinne von „wir entwickeln jetzt einen Körperpanzer“. Es nicht Ziel, einfach nur Dinge ertragen zu lernen.

Frage: Was ist mit Burnout. Hilft da ein Resilienztraining?

Anke Lambrecht: Also, wenn jemand bereits starke Anzeichen eines Burnouts zeigt, dann sind ganz andere Maßnahmen erforderlich. Resilienztraining kann aber durchaus dazu beitragen, dass jemand kein Burnout bekommt. Denn vieles, was mit Stress zu tun hat, hängt vor allem mit einer Haltung zusammen. Fühle ich mich nur als Opfer der Umstände und sage mir, ich komme aus dem Hamsterrad ja ohnehin nicht raus – sitze ich in einer selbstgestellten Falle. Sobald ich mich aber als Handelnder begreife und anfange lösungsorientiert zu denken, vielleicht auch verschiedene Zukunftsszenarien entwickele, verändert sich alles. Die Anstrengung wird dann als kurzfristig und zielgerichtet verstanden. Ich tue etwas, „um zu“.

Frage: Lassen Sie uns vielleicht einen Schritt zurückgehen: Was genau ist denn dann Resilienz?

Anke Lambrecht: Resilienz lässt sich als ein Lernprozesses und innere Haltung zum Leben verstehen: Sie können nun mit Stress und Risiken umgehen. Sie haben eine innere Stärke entwickelt, aus der heraus Sie wissen, dass Sie auch aus einer Krise wieder herauskommen. Stellen Sie sich einen Bambus vor. Im jungen Zustand wird der dünne Halm im Sturm ordentlich hin und her geworfen und kann im Extremfall umkippen. Ist der Bambus jedoch ein wenig gewachsen, hat er die faszinierende Eigenschaft von gleichzeitiger Festigkeit und Flexibilität.

Frage: Was heißt das auf den Menschen übertragen?

Anke Lambrecht: Ein resilienter Mensch kommt durch die Stürme des Lebens. Er weiß, dass sich ein Sturm auch wieder legt. Er hat ein realistisches Bild seiner Fähigkeiten. Er glaubt an seine eigene Kompetenz, entwickelt und verfolgt realistische Ziele, hat eine Langzeitperspektive für sein Leben und ist gelassen und ausgeglichen.

Frage: Das hört sich in der Tat nach einer Mammutaufgabe an, die nicht eben mal im Training zu erledigen ist.

Anke Lambrecht: Leben ist Lernen. Und Resilienz gehört für mich zu den absoluten Kernkompetenzen, die ein Mensch haben sollte. Denn wir haben ja sowohl privat als auch beruflich im Laufe unseres Lebens immer wieder Herausforderungen: der Tod eines geliebten Menschen, eine nicht bestandene Prüfung, Kündigung, Scheidung … Sie sehen es immer wieder insbesondere in Extremsituationen: einige Menschen zerbrechen, andere gehen sogar gestärkt aus Krisen hervor. Letztere haben manchmal sogar ein klareres Bild vor Augen, was sie vom eigenen Leben wollen. Einige Menschen haben das von sich aus intuitiv gelernt, andere brauchen da Unterstützung. In beiden Fällen geht es darum seine Stärken bewusst einzusetzen und sein Handeln reflektieren zu lernen.

Frage: Sie haben vorhin einige Aspekte genannt wie innere Stärke und Glaube an sich selbst. Spielt religiöser Glaube in Bezug auf Resilienz eine Rolle?

Anke Lambrecht: Nicht explizit. Ein gläubiger Mensch bringt vielleicht einige Grundeinstellungen mit. Auch wer Buddhismus praktiziert, mag hier ähnliche Ideen sehen. Aber ich kann Atheist sein und auch ohne Heilsvorstellungen zukunftsorientiert und grundoptimistisch sein. Es geht letztlich darum, bestimmte Umstände, die ich nicht ändern kann, zu akzeptieren. Aber da, wo ich handeln kann, sollte ich keine Opferrolle einnehmen, sondern mich als Handelnder begreifen lernen.

Habe ich zum Beispiel einen cholerischen Chef, dann gibt es Handlungsoptionen, die von meiner eigenen Haltungsänderung über bewusste Auseinandersetzung bis zur Kündigung gehen. Allein, wenn ich mir meine Möglichkeiten einmal vor Augen führe, verändert sich die Situation. Hilfreich ist dann natürlich ein unterstützendes Umfeld von Kolleg*innen bis hin zur Familie.

Frage: Für Sie selbst hat Resilienz ja auch einen biografischen Bezug.

Anke Lambrecht: Ja, ich habe bereits als Kind und auch später – verkürzen wir es hier mal – schwierige Situationen erlebt. Offenbar habe ich damals intuitiv vieles richtig gemacht und habe, als ich später im beruflichen Kontext dem Thema Resilienz begegnet bin, sehr viele Punkte wiedererkannt. Die wichtigste Erkenntnis: ich habe Handlungsmöglichkeiten. Und damit übernehme ich Verantwortung für mein Leben. Es gibt ein Zitat vom schottischen Schriftsteller Robert Louis Stevenson, das mir aus dem Herzen spricht: „Im Leben geht es nicht darum, gute Karten zu haben, sondern auch mit einem schlechten Blatt spielen zu können.“

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