Was ist eigentlich Body-Mind Centering®? Fragen an Uta Büchler

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Uta Büchler ist ausgebildete Tänzerin und hat zudem verschiedene körpertherapeutische Ausbildungen. Durch eine befreundete Tänzerin ist sie mit der Body-Mind Centering®-Methode in Kontakt gekommen. Die Kollegin hatte ihr von einem „ungeheuren dreidimensionalen Gefühl“ nach einem Workshop berichtet. Dieses Bild weckte die Neugier in der Tänzerin Uta Büchler, sich mit dem Ansatz zu beschäftigen. Viele Jahre später unterrichtet sie nun selbst Body-Mind Centering® (BMC).

LIW: Body-Mind Centering® ist zumindest in Deutschland noch nicht so bekannt. Woher kommt die Methode, wer steht dahinter?

Uta Büchler: Die Methode ist in den 1970er Jahren in den USA entstanden. Begründet wurde sie von der Bewegungstherapeutin und Tanzpädagogin Bonnie Bainbridge Cohen. In Deutschland ist das BMC in der Tat ein wenig im Schatten von Feldenkrais und anderen körpertherapeutischen Ansätzen geblieben. Zu unrecht, wie ich finde. Denn die Methode ist in der Lage, den Übenden ein verändertes Körpererleben zu ermöglichen. Teilnehmende berichten mir immer wieder, dass sie ihren Körper noch nie so stark wahrgenommen haben.

LIW: Der Name der Methode legt nahe, dass Körper und Geist zentriert werden sollen …

Uta Büchler: Nicht ganz. Es geht zunächst einmal um das Verhältnis zwischen Körper und Geist. Bonnie Bainbridge Cohen erklärt es in einem Bild so: Wir Menschen formen – wie die ganze Natur – Muster. Der Verstand ist dabei wie der Wind und der Körper wie der Sand. Wenn Sie wissen wollen, wie der Wind weht, sehen Sie sich die Spuren im Sand an.

Dann gibt es aber auch die umgekehrte Betrachtungsweise. So wie wir die Bewegung des Körpers als Ausdrucksform des Geistes verstehen können, sind wir in der Lage, über die Bewegung des Körpers wiederum auf den Geist – oder vielleicht hier: das Gehirn – Einfluss zu nehmen.

Centering schließlich ist im Deutschen am besten mit Balance zu übersetzen.

LIW: Diese Verbindung zwischen Körper und Geist hat das BMC ja mit einigen körpertherapeutischen Ansätzen, wie z.B. der Franklin-Methode gemeinsam. Können Sie einmal beispielhaft zeigen, was das Besondere am BCM ist?

Uta Büchler: In den Workshops beschäftigen wir uns intensiv mit den unterschiedlichen Körpersystemen. Dabei werden Muskeln, Drüsen, Organe, Nerven, Flüssigkeiten, Bindegewebe, Sinnesorgane und Knochen als eigene Systeme betrachtet.

Ich nehme einmal das Thema Knochen, das wir im Zusammenhang mit dem Thema Struktur, sicherer Stand, sich geerdet fühlen, gemeinsam erforschen. Das geschieht auf verschiedenen Wegen: wir ertasten in Partnerübungen vom Unterschenkel abwärts den Innenfuß. Dann fokussieren wir auf den Mittelfußknochen und schauen, wie hier die Kraftübertragungen stattfindet.

Zusätzlich nutzen wir anatomische Bilder oder Modelle, betrachten die Funktionen des großen Zehs und die zwei nebenliegenden Zehen, gehen vom Innenknöchel bis zum Schambein. Schließlich führen wir verschiedene Bewegungen aus, um zu spüren, welche Aufgabe unser Innenseite, insbesondere der Innenfuß hat.

Das gleiche wiederholen wir mit der Außenseite. Wir stellen fest, dass die Innenseite unseres Fußes maßgeblich für die Stabilität, die Außenseite für die Mobilität verantwortlich ist.

LIW: Kann das jeder spüren?

Uta Büchler: Ja, prinzipiell schon. Denn es sind schließlich anatomische Grundfunktionen, die bei jedem von uns gegeben sind. Das Spannende und Berührende für mich ist immer wieder, wie unterschiedlich intensiv die Wahrnehmung bei den Einzelnen bei verschiedenen Körpersystemen ist.

Ich denke, es ist die Mischung aus Berührung, anatomischen Bildern, Visualisierungen und die mentale Fokussierung, die uns unsere Körpersysteme, hier also unser Körpergerüst bewusst machen. Wenn die Teilnehmenden nun laufen, springen oder auf einem Bein stehen, nehmen sie als erstes ihre Füße und den gesamten Aufbau viel intensiver wahr. Und nun kommt noch dazu, dass sich nach einigen Übungen tatsächlich ein anderes, besseres Stehen entwickeln kann.

LIW: Irritierend fand ich in der Vorbereitung auf unser Gespräch, dass das BMC auch in die frühkindliche Entwicklung zurückgeht. Was hat es mit dieser „Rückführung“ auf sich.

Uta Büchler: Also, es handelt sich hier nicht um eine Rückführung im Sinne der bekannten psychotherapeutischen Ansätze. Bei der BCM gehen wir in die körperliche Entwicklungsgeschichte des Einzelnen zurück.

Kurz zum Hintergrund: Bonnie Bainbridge Cohen hat in ihrer Arbeit als Therapeutin gelernt, dass Kinder, die Bewegungseinschränkungen haben – die zum Beispiel nicht richtig rückwärtsgehen konnten – in ihrer Entwicklung Stufen übersprungen hatten. Sie erkannte, dass es aber absolut wichtig war, Evolutionsschritte Schritt für Schritt zu gehen.

Ging sie mit den Kindern an die Stelle zurück, an der eine Entwicklungsstufe fehlte und holte diese nach, stellte sich eine der Entwicklungsstufe entsprechende Bewegung wieder ein. Und dazu kam, dass die neuerlangte physische Beweglichkeit gleichzeitig Einfluss auf die Hirnentwicklung hatte. - Das war in den 1970er-Jahren eine ziemliche Provokation für Wissenschaftler. Heute wissen wir um die neuronale Plastizität des Hirns, also der Anpassbarkeit.

Bonnie Bainbridge Cohen wendete diese Erkenntnisse auf Erwachsene an und konnte feststellen, dass selbst bei ihnen die veränderte Beweglichkeit das Gehirn nachreifen ließ.

LIW: Für wen ist diese Veranstaltung geeignet?

Uta Büchler: Grundsätzlich ist BMC für jeden nützlich. Wenn wir uns mit dem Thema Nerven auseinandersetzen, geht es zum Beispiel um Stressreduktion. Bei Knochen geht es einerseits um den physisch sicheren Stand, aber eben auch um das Geerdetsein in der Welt.

Die Teilnehmenden lernen ihren Körper aus anderen Perspektiven kennen. Sie erhalten im Seminar einen Werkzeugkoffer, wie sie mit ihrem Körper achtsamer umgehen können.

Beruflich profitieren zum einen diejenigen, die mit dem Körper arbeiten, zum anderen diejenigen, die Entwicklungsarbeit im weitesten Sinne betreiben. Ergo- und Physiotherapeuten, Kindergärtner oder Lehrer haben einen konkreten Nutzen, weil sie neue Wege kennenlernen, ihr Gegenüber wahrzunehmen und gewissermaßen konkrete Entwicklungshilfe bieten können.

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